Was ich nie vergessen werde…

See

Ich liege am Ufer und blicke in die Wolken. Nachdenklich blicke ich zurück….

Die Sonne schient mir ins Gesicht und ich höre Menschen ausgelassen lachen. Es ist Sommer. Ich wende mich vom Fenster ab, da ich den Blick nach Draußen nicht mehr ertragen kann. Langsam versuche ich mich aufzurichten und nach dem Glas Wasser auf dem Tisch neben meinem Bett zu greifen.

Trotz aller Kraft bin ich zu schwach, um meinen Körper aufzurichten. Vor Aufregung krampft sich mein Bauch zusammen und meine Aufmerksamkeit richtet sich reflexartig auf die Toilettentür. Ich nehme alle meine Kraft zusammen und schaffe es unter größter Anstrengung mich im Bett aufzusetzen. Ich atme angestrengt, meine Gelenke schmerzen, mein Herzschlag ist beschleunigt und mir ist schwindelig…

In diesem Moment dreht sich mein Freund zu mir und küsst mich zärtlich. Die Sonne scheint mir ins Gesicht, mein Blick schweift auf das Wasser und die Erinnerung ist für einen Moment verschwunden. Ich stehe auf, gehe die wenigen Schritte zum See und schaue tief in das kristallklare Wasser. Es ist kalt. Ich gehe weiter und stehe schließlich bis zu den Knien im Wasser. Mein Atem wird etwas schneller und ich bin in Gedanken wieder im Zimmer des Krankenhauses…

Etwas zu hektisch greife ich nach meinen Krücken, die mit einem lauten Geräusch zu Boden fallen, und dabei das Glas Wasser umschütten. Ich breche unkontrolliert in Tränen aus, bin gefangen in diesem Zimmer, gefangen in diesem Körper. Genau in diesem Moment kommt eine Pflegerin ins Zimmer, um mir das Mittagessen zu bringen. Sie sieht mich weinend am Bett sitzen und hilft mir auf die Toilette. Ich hasse dieses Leben…

Ich atme tief und schwer aus. Der Blick in den Himmel zeigt mir, dass die Wolken vorübergezogen sind. Ich fühle mich frei. Ich springe in das eiskalte Wasser. Mein Körper bebt, aber ich genieße das Gefühl zu leben. Ich tauche bis zum Grund des kristallklaren Wassers und genieße die Kraft meines Körpers. Tief in mir weiß ich, dass ich niemals mehr so gefangen sein werde…

Zurück am Ufer steige ich über den steinigen Boden aus dem See. Mein Freund blickt zu mir herüber und ich lächle ihn an. Dann greife ich nach meinem Stift und beginne zu schreiben.

Jede Erinnerung an die Enge gibt mir wieder mehr Luft zum Atmen, bei jeder noch so kleinen Bewegung meines Körpers denke ich daran, wie kostbar dieser Moment ist. Die Krankheit hat mir gezeigt, dass nichts selbstverständlich ist. Ich lebe nun bewusst und in vollen Zügen. Dieses Geschenk werde ich nie vergessen.

2 Kommentare

  1. Endlich ein „Bauchblubbern“, daß großartiger nicht sein könnte :)) Danke… für deine Gedanken, Erfahrungen, Anregungen und deinen Lebensmut bzw. deine Lebensfreude – erhalte sie dir… Ich weiß, manchmal ist es unerträglich und dennoch schaffen wir es!! Du sprichst mir in ganz ganz vielen Punkten aus der Seele und ich finde mich wieder. Schön, daß es Menschen wie dich gibt, die sich mitteilen… Ich bin eher lebenslustiger „Einzelkämpfer“ und wenig online :)) und dennoch sehr happy, daß ich dich zufällig gefunden habe. Ich kann dir nur zustimmen. Mich haben Yoga, Bewegung, Ernährung und die Lebenseinstellung gerettet… und meine Akzeptanz meiner Erkrankung!! Ich mußte zugeben, schwach zu sein, Zu- und Loslassen lernen und in mich hineinhören. Kein Arzt kennt dich besser als du selbst. Ich wünsche dir alles alles Gute, viel Kraft und auch an schlimmen Tagen diesen unbändigen Überlebenswillen, den wir wohl beide haben ;))
    Liebe Grüße, Gina

    • Hallo liebe Gina, ich habe mich wirklich unglaublich über deine Nachricht und deine so positive Lebenseinstellung gefreut! Gerade momentan habe ich ein bisschen damit zu kämpfen mir zuviel zuzumuten und für zu wenig Ausgleich zu sorgen. Und genau da hast du natürlich recht… dass wir auch in schwierigen Phasen unsere Lebensfreude nicht vergessen sollten. Danke dir für deine so wichtigen Worte!

      Ganz liebe Grüße,
      bauchblubbern

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