Erlebnisfaktor Stoma und Hydro MRT

Arzt steht vor MRT

Freitag, 7.35

1 Tag vor Weihnachten. Mit 20 minütiger Verspätung erreiche ich die Radiologie des Landeskrankenhauses und stehe einer gleichgültig blickenden Sprechstundenhilfe gegenüber. Hektisch mache ich brav meine Kreuze auf dem Aufklärungsbogen. „Hydo MRT“ steht in großen Buchstaben auf dem ersten Zettel, den ich stillschweigend in die Hand gedrückt bekomme.

stetoskopLaut meiner Gastroenterologin eine aussagekräftige Untersuchung, in der man sehr gut Wandverdickungen, Entzündungen und sonstige pathologischen Veränderungen im Dick- und Dünndarm erkennen könne. Im Gegensatz zur Computertomographie (CT) gäbe es außerdem keine Strahlenbelastung und wäre daher in den meisten Fällen das bessere Verfahren. Die Wartezeit für einen Termin ist allerdings auch entsprechend lang.

Da war doch noch irgendetwas wichtiges… ach ja genau „Ich sollte übrigens noch erwähnen, dass ich Stomaträgerin bin.“ Gleichbleibend desinteressierter Blick auf den Monitor, dann kurzes Nicken. Ich nehme im Warteraum Platz.

Die machen das ständig…

Etwas freundlicher werde ich von der Radiologie-Assistentin begrüßt, die mir lächelnd einen „guten Morgen“ wünscht. Sicherheitshalber wiederhole ich noch einmal meinen eingeübten Satz „Ich bin übrigens Stomaträgerin“. „Wie bitte?“ „Ähm… Ich wollte nur erwähnen, dass ich Stomaträgerin bin“. „Was sind sie?“ „S-T-O-M-A-T-R-Ä-G-E-R-I-N.“ Die nette Schwester läuft ziegelrot an und entschuldigt sich gleich mehrmals. „Ich höre heute wohl etwas schlecht…“. „Kein Problem“ meine ich lächelnd.

„Also ist das ein Problem mit ihrem Stoma? Weil wir hatten sowas bisher noch nicht.“ Ok, das ist jetzt doch etwas überraschend. Immerhin hatte mir die Innere Medizin des gleichen Krankenhauses 3 Tage zuvor noch versichert, dass die Radiologen das hier ständig machen würden. Zitat: „Die tackern den Beutel dann einfach zu, gar kein Problem.“

Ok, nun also doch ein Problem. Vom „Zutackern“ hat die Radiologie-Assistentin jedenfalls noch nichts gehört und schaut mich daher mit großen Augen fragend an. „Also eigentlich ist das wohl nicht anders als bei anderen Patienten, aber wahrscheinlich reicht dann etwas weniger Kontrastmittel, da es bei mir ja nur um den Dünndarm geht. Der Dickdarm ist quasi ohne Funktion.“

Kein Durchgang

Von meiner selbstsicheren Antwort sichtlich beruhigt, bittet sie mich noch einmal kurz im Wartezimmer Platz zu nehmen. Mit einem Tastendruck öffnet sich die schwere Metalltür mit dem signalroten Stop Symbol und schließt sich wenige Sekunden hinter der freundlichen, aber etwas verwirrten Assistentin.

türIm Minutentakt gehen nun verschiedene Ärzte ein und aus, wodurch sich die Tür immer wieder kurz öffnet und sofort wieder schließt. Jedes mal offenbart sich dadurch ein kurzer Blick in das mysteriöse Innere, wo sich mittlerweile eine ganze Gruppe von weiß gekleideten Menschen im Kreis versammelt hat.

Bruchstückhafte Wortfetzen dringen immer wieder bis ins Wartezimmer vor und hinterlassen in Kombination mit den Blicken, die mir zugeworfen werden einen etwas beunruhigenden Eindruck. Nach 10 Minuten öffnet sich erneut die schwere Tür und die Radiologie-Assistentin läuft etwas zögerlich auf mich zu. „Also ich habe das jetzt besprochen und es reicht wohl wenn sie einen halben Liter Kontrastmittel trinken. Und wäre es eventuell möglich, dass sie sich dann bei der Untersuchung auf den Bauch legen, damit das Kontrastmittel dann nicht in den Beutel läuft?“

Einlauf?

Seltsame und etwas belustigende Frage. Natürlich kann ich mich mit Stoma auch auf den Bauch legen, warum auch nicht? Aber das ändert nichts daran, dass die Flüssigkeit sich ihren Weg sucht…. Bauchlage hin oder her. „Ach ja und wir müssten dann noch einen Einlauf machen.“ Einlauf? Nein danke. Bei einem nicht-funktionstüchtigen Dickdarm meiner Meinung nach auch nur wenig sinnvoll. Außerdem war die letzte Darmspiegelung gerade erst ein paar Tage her.

„Also Bauchlage ist kein Problem. Aber einen Einlauf möchte ich nicht.“ Erneut irritiert von meiner Reaktion entgegnet die Assistentin: „Ich verstehe natürlich, dass sie das nicht möchten, aber es geht darum, was für die Untersuchungsergebnisse am besten ist und…“ Freundlich aber bestimmt unterbreche ich sie mit den Worten „ich verstehe sie natürlich auch, aber ich verweigere hiermit den Einlauf.“ Überraschend verständnisvoll die Antwort: „Wir werden natürlich nichts tun, das sie nicht möchten. Ich werde das dann so weiterleiten.“ Damit war das Thema Kontrastmittel und Einlauf erst mal geklärt.

Die Untersuchung

Eine Stunde später liege ich schließlich im MRT. „Einatmen… Ausatmen… Nicht atmen…“ sind die Anweisungen, die 30 Minuten lang in einer Endlosschleife durch die Kopfhörer dringen. Plötzlich versummt die Mikrofonstimme. Eingequetscht in der hellen Röhre höre ich nur das Knacken der Tür.“Entschuldigen Sie bitte, aber wir haben leider vergessen, dass sie noch ein Glas Wasser trinken müssen.“

wasserglasIn Bauchlage trinke ich also brav das Glas Wasser in großen, schnellen Zügen aus. „Einatmen… Ausatmen… Nicht atmen…“. Ich zähle die Sekunden: 1…. 5… 10…. 15. Nach 15 Sekunden atme ich erleichtert und angestrengt aus und nehme mir fest vor wieder mehr Sport zu machen. „Wir werden Ihnen nun das Kontrastmittel spritzen, sie haben es fast geschafft.“ Gespannt beobachte ich die Flüssigkeit, die entlang des dünnen, halb-transparenten Schlauchs zu meiner Vene führt. „Haben Sie gerade etwas gespürt?“ „Gespürt? Was sollte ich denn gespürt haben?“ frage ich mich etwas verwundert. „Nein.“ „Ok, wir probieren es noch einmal. Bitte strecken Sie ihren Arm etwas aus“ Wieder beobachte ich die klare Flüssigkeit, wie sie in meinen Körper fließt. „Gut, sie haben es fast geschafft.“ Wenige Minuten später bin ich frei.

Freitag, 11.30 Uhr

Nach insgesamt 5 Stunden Krankenhausaufenthalt ohne Frühstück befinde ich mich endlich wieder an der frischen Luft. Ob es an der doppelten Menge Kontrastmittel oder der für mich ungewohnt langen Zeit ohne Essen lag ist mir nach wie vor ein Rätsel. Jedenfalls endet mein anschließender Restaurantbesuch im größten Shoppingcenter der Stadt mit einem Kreislaufzusammenbruch und zwei netten Sanitätern, die besorgt im gefühlten Minutentakt meinen Blutdruck messen. Weihnachtsstress der etwas anderen Art.

 

2 Kommentare

  1. Ohne Worte… :(( Habe in der Radiologie auch so manches erlebt. Am nettesten sind die, die die Bilder auswerten – schon traurig, daß das restliche Personal so übellaunig rüberkommt. Am schlimmsten im KH… Geht gar nicht! Aber es geht auch anders :))

    • Ja da gebe ich dir recht, bei den Besprechungen der Bilder habe ich eigentlich auch immer positive Erfahrungen machen dürfen. Wirklich schade, dass wir aber auch immer wieder mit so scheinbar wenig empathischen Menschen in Sozialberufen konfrontiert sind. Ich arbeite noch daran, das einfach so zu akzeptieren aber gerade bei stationären Aufenthalten im Krankenhaus würde ich mir wünschen mehr Rücksicht zu erfahren… Naja aber zum Glück gibt es da auch immer wieder richtig liebe Menschen, die mir den ein oder anderen Tag im KH wieder verschönert haben und das sind schließlich die Momente, die uns in Erinnerung bleiben. Ich wünsche dir jedenfalls so viele positive Erlebnisse wie nur möglich!

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